Pula
In der Legende von den Argonauten wird die Suche des Jason und seiner Begleiter mit dem Schiff Argo nach dem Goldenen Vlieses beschrieben. Eine Episode berichtet, dass die Untertanen des beraubten Königs von Kolchis die weitere Verfolgung aufgaben, nachdem der Sohn ihres Königs ums Leben gekommen war. Aus Angst, dass sie in ihrer Heimat wegen des Todes des Prinzen und der erfolglosen Verfolgung bestraft werden, trafen sie den Entschluß, sich an dem Ort seines Todes niederzulassen. Der berühmteste Geograph des Altertums - Strabon - behauptet, so sei die Stadt Pula entstanden. Dieser Legende nach wurde Pula vor etwa drei Tausend Jahren gegründet.
In der illyrischen Zeit war Pula bis zur Ankunft römischer Legionen nur ein Nachbarort der (im 7. Jahrhundert aufgegebenen) Stadt Nesactium, dem dominierenden politischen, militärischen und religiösen Verwaltungszentrum der Region. Durch intensive Kolonisierung, Handelsbeziehungen und durch seine wichtige strategische Lage übernahm Pula mit der Zeit die führende Rolle. Parallel entwickelten sich zahlreiche Wirtschaftszweige: Steinmetzerei (wegen des großen Bedarfs an neuen Bauten in Pula und Umgebung), Acker-, Wein-, und Olivenbau, Fischerei, Töpferei (für den Öl-, Wein-, Weizen- und Fischtransport).
Während der Herrschaft des Römischen Reichs (vom 1. bis 3. Jahrhundert) wurden in Pula die wertvollsten Denkmäler der Antike in Kroatien gebaut. Das wertvollste und bekannteste Überbleibsel aus dieser Zeit ist das Amphitheater („die Arena“). Bestimmt für Gladiatorenkämpfe zwischen Menschen und Tieren, wurde es in der Zeit des Kaisers Vespasian im 1.Jahrhundert n..Chr. gebaut. Es hat die Form eines Ovales, ist etwa 130 x 105 m groß, 32 m hoch, und ist das sechstgrößte seiner Art. Die Arena bot damals Platz für etwa 23.000 Zuschauer; heutzutage empfängt sie während der Sommerveranstaltungen etwa 5.000 Besucher.
In der Zeit der Antike verfügte Pula über alle Errungenschaften der römischen Zivilisation: ein Aquädukt, Kanalisation, ein Forum als Verwaltungs-, Handels- und Religionsmittelpunkt, ein Kapitol mit Tempeln (beim Forum), zwei Theater, einen großen Stadtfriedhof (den Dante in seinem Werk „Die Göttliche Komödie“ erwähnt), Häuser ausgestattet mit prächtigen Mosaiken und Marmor.
Die Stadt war umgeben von einer Mauer mit zehn Toren. Der größte Teil der Mauer wurde Anfang des 19. Jahrhunderts zerstört, nur wenige Tore blieben erhalten. Der Sergierbogen (lat. Arcus Sergii) befindet sich am Ende der Straße (Via Sergia), die vom Forum Richtung Osten führt. Er war an das Stadttor (Porta Aurea) angelehnt, so dass nur sein westlicher, sichtbarer Teil üppige Steinmetzarbeit schmückt. Den Triumphbogen ließ Salvia Postuma Sergia mit ihrem eigenen Geld bauen, zu Ehren von drei Verwandten, die Ende des 1.Jahrhunderts v. Chr. hohe Beamte in Pula waren. Laut der Inschrift im Triumphbogen wurde er zwischen den Jahren 29 und 27 v. Chr. errichtet. Dieses eindrucksvolle Denkmal der antiken Kultur ist seit Jahrhunderten ein Motiv für viele bedeutende Künstler, vor allem aus Italien, darunter auch Michelangelo. Im Norden stehen noch zwei gut erhaltene, antike, Stadttore: das Herkulestor und das Doppeltor.
Außerhalb der Stadtmauern befanden sich Nekropolen, deren Bruchstücke im Archäologischen Museum aufbewahrt werden, und in der Nähe des Doppeltores wurden die Reste eines achteckigen Mausoleums gefunden, das vermutlich zwischen dem 1. und 2. Jahrhundert. n. Chr. gebaut wurde.
Das Forum, der Hauptplatz des antiken wie auch des mittelalterlichen Pula, war früher von Arkaden umsäumt, geschmückt von Statuen und Reliefs. An der nördlichen Seite befanden sich die Tempel. Bewahrt geblieben bis heute ist der Augustustempel, der in der Zeit zwischen dem Jahr 2 v. Ch. und dem Jahr 14 n. Ch. gebaut wurde.
Innerhalb der Stadtmauer, an der östlichen Seite des Hügels Kaštel, blieben die Reste des Bühnenhauses und Teile des Zuschauerraumes eines kleinen römischen Theaters erhalten (vom großen Theater, das sich außerhalb der Mauer befand, ist nichts Nennenswertes übrig geblieben außer eines Reliefbruchstückes, das heute im Archäologischen Museum seinen Platz gefunden hat). In der Nähe des Theaters befindet sich das Gebäude des Archäologischen Museums Istriens, in dem neben Fundstücken aus der Vorgeschichte und des frühen Mittelalter, auch zahlreiche Denkmäler der Antike aus dem Gebiet von Pula und ganz Istrien zu sehen sind.
Wegen seiner isolierten geographischen Lage blieb Pula bis zum 5. Jahrhundert sowohl außerhalb der Wege der Völkerwanderungen als auch der Raubzüge der Barbaren. Im 5. Jahrhundert fiel die Stadt unter die Herrschaft der West- und später der Ostgoten. Das Oströmische Reich brachte noch einmal einen Aufschwung nach Pula; die Stadt wuchs und bekam eine wichtige militärische Rolle in den Kämpfen der Byzantiner gegen die Goten.
Ab der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts drangen die Slawen auf die istrische Halbinsel; in heftigen Kämpfen wurde die heimische Bevölkerung ausgerottet. Die Wirtschaftsentwicklung blieb stehen. Die Franken, als neue Herrscher Istriens, brachten mit sich (damals) moderne, feudale Verhältnisse, welche zwar die Ansiedlung von slawischen (kroatischen) Bauern ermöglichten, zugleich aber Widerstand der istrischen Städte hervorriefen Mit der Entwicklung des Feudalismus und mit dem Entstehen von Stadt-Staaten kam Venedig auf die istrische Halbinsel. Pula schwor im Jahre 1150 Venedig Vasallentreue und nahm von da an seine Pflichten wahr: Bezahlen von Steuern, Bau und Ausstattung von Galeeren, Teilnahme an Kriegen, usw.
Damit band sich Pula an die wirtschftlich-politischen Ziele Venedigs, was die Entwicklung der Stadt in den nächsten Jahrhunderten bestimmte. Im 14., 15. und 16. Jahrhundert wurde Pula von Genua, dem kroatisch-ungarischen, und dem habsburgischen Heer abwechselnd angegriffen und erobert. Diese Kriege führten zur Vernichtung vieler kleinen mittelalterlichen Siedlungen und Dörfer.
Die Einwohner Istriens litten aber nicht nur unter Kriegen, sie wurden auch durch große Pest-, Malaria-, Typhus- und Pockenepidemien dezimiert. Wegen des Verfalls von monumentalen Bauten, der Zerstörung der Wirtschaft und der stark verminderten Einwohnerzahl bekam Pula einen schlechten Ruf. Doch dank seiner geographischen Lage und der Bedeutung des Hafens im Handelsverkehr ging Pula nicht unter. Die Stadt wurde durch organisierte Ansiedlung von Kroaten und Südslawen gerettet.
Nach dem Revolutionsjahr 1848 wurde im Habsburgerreich offensichtlich, wie groß die Bedeutung des Hafen von Pula war. In dieser Zeit begannen intensive Bauarbeiten an dem großen Kriegshafen und an der Werft. Die Einwohnerzahl stieg in 50 Jahren von nur 1.126 auf 40.000.
Zwar wurde Pula weiterhin als ein isoliertes Dorf beschrieben, doch allmählich wurden bedeutende Mittel in die Infrastruktur der Stadt investiert, was der Siedlung urbane Züge verlieh. Mit dem Bau der Eisenbahn übernahm Pula langsam die Bedeutung der Häfen von Triest und Rijeka für Dalmatien. Die Stadt erfüllte zwei Funktionen: eine militärische und eine wirtschaftliche. Unter der Herrschaft Wiens wurde in Pula Deutsch als Amtssprache eingeführt, aber Italienisch blieb weiterhin die Umgangssprache aller Gesellschaftsschichten. Kroatisch hingegen wurde schnell verdrängt. In den Wirren des 2. Weltkriegs fiel Pula zeitweise unter faschistische Herrschaft. Wiederholt kam es zu Kämpfen und Ausschreitungen. Nach und nach verließ fast die gesamte verbliebene, alteingesessene italienischstämmige Bevölkerung die Stadt.
In der Folge wandte sich Pula endlich seinem natürlichen Hinterland zu – Kroatien, und somit auch Jugoslawien. Damit begann noch eine Epoche Geschichte von Pula, die bis zur Gründung des selbständigen Kroatiens andauerte.
Quelle: http://www.pulainfo.hr